Infocom
Allerdings gab es auch Schwierigkeiten: Infocom beklagte den Support seitens Personal Software Inc. und man war sich darüber einig, das das nächste Spiel selbst produziert werden sollte. Für dieses Vorhaben sicherten sie sich die Unterstützung von Mort Rosenthal, einem Marketingexperten. Mit ihm gemeinsam suchten sie zahlreiche Geschäfte auf und boten ihr Produkt eigenhändig an. Wie auch der erste Teil verkaufte sich Zork II ausserordentlich gut und erlaubte das kleine Unternehmen die Geschäftsräume in Cambridge aufzuschlagen. Zu dieser Zeit bahnte sich auch ein Glückfall für Infocom an: Steve Meretzky, der zuvor seinen Bachelor am MIT machte und dann als Architekt für zwei Jahre bei zahllosen Bauunternehmen tätig war, wollte etwas neues probieren und sattelte zum Spieletester um, glücklicherweise bei Infocom.
1982 erschien der dritte Teil der Zork-Saga für den Commodore Amiga, Amstrad CPC, Apple II, Apple Macintosh, Atari ST, C64 / C128, Commodore Plus/4, CP/M, DOS, MSX und TRS-80. Anhand der verschiedenen Modelle kann man deutlich erkennen, dass Infocom einen etablierten Platz in der jungen Szene eingenommen hatte. Der Grund war einfach: Infocom bot erstklassige, jedoch nicht leichte Kost. Joystickakrobaten waren hier nicht gefordert. Zudem setzte das Unternehmen auf eine intelligente Marketingstrategie (statt die Spiele in Spielwarenläden zu vertreiben, wie das die Konkurrenz tat, verkaufte Infocom ihre Spiele über Buchhandlungen) und vor allem auf Feelies. Dieses, eigens von Infocom geschaffene, Wort bezeichnete den besonderen Packungsinhalt, der den Spielen beilag und das Erlebnis noch verstärken sollte. Die Feelies waren von Spiel zu Spiel unterschiedlich: Wishbringer beispielsweise brachte einen magischen Leuchtstein mit. The Hitchhiker's Guide to the Galaxy bot gleich etliche Zusatzinhalte: einen Don't panic Button, den Befehl zur Zerstörung von Arthur Dents Haus, die microscopische Raumflotte (im Grunde eine leere Plastiktüte), eine Gefahrensensitive Sonnebrille (eigentlich nur schwarzer Karton auf einem Brillengestell) und noch viel mehr. Diese Dinge verstärkten das Spielerlebnis ungemein. Zudem waren die Feelies auch ein passabler Kopierschutz. Besaß der Spieler nur die Kopien, waren die Spiele nicht mehr lösbar.
Einer der wichtigsten Merkmale eines Infocomadventures waren jedoch die Handlungen. Ungestört von Grafiken, die andere Hersteller bote, setzte das Unternehmen auf die Vorstellungskraft der Käufer. Im Grunde waren diese Spiele interaktive Bücher. Auch die Rätsel innerhalb der Spiele waren einzigartig: sie forderten die gesamte Erfahrung eines Spielers, ohne jedoch jemals unfair zu sein. Es existierten schlichtweg keine unlogischen Lösungen. Hatte man ein Rätsel geknackt, war des Rätsels Lösung mehr als offensichtlich, auch wenn die Hinweise in den Spielen manchmal rar waren. Es konnte auch passieren, dass die Programmierer Rästel einbauten, die lediglich zur Belustigung dienten. Diese waren für die Lösung des Spieles nicht nötig, waren aber für die Spieler eine Bereicherung.
Mit der Zeit erweiterte Infocom die Produktpalette auf Spiele, die nicht in das Zork- oder Enchanter-Universum passten. Fast jedes Genre wurde dabei gestreift: Horror, Science Fiction, Fantasy, Mystery, historische Adventures oder Kindergeschichten. Als eines der ersten Spiele erschien auch ein Piratenabenteuer, in dem der Spieler die Geschicke einer Frau lenkte und auch weibliche Stärken einsetzen musste. Doch viel wichtiger war der Umstand, dass Steve Meretzky nun als Implementor arbeitete. Diese Berufsbezeichnung stellte die Entwickler für Infocom-Adventures dar, sie selbst gaben sich diesen Namen. Imps, so die Kurzbezeichnung, kamen auch oft als Nebencharaktere in den eigenen Spielen vor. Und Steve wurde eine anerkannte Größe. Für das Spiel Planetfall skriptete er die gesamte Geschichte logisch zusammen und war auch der Erfinder des Robopartners Floyd. Das Spiel selbst scheint Pate für Space Quest von Sierra On-Line gestanden zu haben, sonst sind die vielen Ähnlichkeiten nicht zu erklären. Bei Planetfall übernimmt der Spieler die Rolle eines Fähnrichs 7. Klasse, der zum Deckschrubben des Raumschaiffs eingeteilt wurde. Nach einer Explosionsserie entkommt der Spieler mittels einer Fluchtkapsel auf den nächsten Planeten. Mithilfe des Roboters Floyd sucht der Spieler nun wieder einen Weg heim.
Douglas Adams, der Schreiber hinter Hitchhiker's Guide to the Galaxy war dermaßen beeindruckt von Steves Arbeit, das dieser ihn gleich als Programmierer für die Umsetzung seines Romans verpflichtete. Das Spiel selbst war in etwa mit der Fernsehserie vergleichbar und beginnt mit der drohenden Zerstörung des Hauses des Protagonisten, gefolgt von der Zerstörung der Erde. Auch der unendliche Unwahrscheinlichkeitsdrive war mit von der Partie (der Spieler konnte nach jedem Sprung mit dem Befehl WHO AM I erfahren, wen er grad spielte). Ziel war das Entdecken des Planeten Magrathea und Infocom versprach am Ende des Spiels eine Fortsetzung, die allerdings nie erschien. Meretzky hatte einen Bestseller geschaffen, denn insgesamt wurden 250.000 Exemplare verkauft.
Als 1986 Sierra On-Line mit Leisure Suit Larry einen Achtungserfolg landete, konnte auch Infocom ein Adventure nachlegen: Leather Goddesses of Phobos. Dieses Spiel wurde vom Altmeister der Textadventures, Steve Meretzky, erschaffen und erschien für sämtliche Systeme seiner Zeit, unter anderem Commodore Amiga, TI-99/4A, Atari ST, C64 oder Amstrad PCW. Besonders letzterer war insofern ungewöhnlich, als das der Amstrad PCW eher eine "digitale Schreibmaschine" war. Zum ersten Mal in einem Spiel des Unternehmens musste der Spieler bereits zu Beginn entscheiden, welchen Grad an Freizügigkeit er sich selbst zumuten würde. Spiel selbst war ein Sci-Fi Spiel, das in den Zukunftsvisionen der späten 1930ern spielte. Die Göttinnen von Phobos planten die endgültige Invasion der Erde und entführten den Spieler zu engültigen Tests. Sollte dieser Plan gelingen, würde die Erde das Lustzentrum der Göttinnen werden. Auch wenn dies interessant klang, schön sollte es nicht werden.
Wieder legte Infocom eine Unmenge an Feelies mit in den Karton: kleine "Rubbel-und-riech"-Karten konnten dem Spieler die Gerüche seines Umfeldes vor die Nase halten. Dazu bekam der Spieler an bestimmten Punkten die Aufforderung eine bestimmte Karte zu benutzen. Die Wahl der Offenheit des Spiels war dabei ausschlaggebend: so deutete eine Karte im zurückhaltendsten Level manch einen Geruch als Pizza oder Schokolade, in den freizügigen Stufen waren dies allerdings ganz andere Dinge, die man roch...
Für fast alle Spiele des Unternehmens gab es eine Hotline, die von Mike Dombrock unter dem Namen ZUG (Zork User's Group) geleitet wurde. Kam der Spieler nicht weiter, konnte er gebührenpflichtig Hilfe für seine Situation bekommen.
Infocom wechselte später die Art der Lösungen und entwickelte die InvisiClues. Dies waren kleine Bücher, die Karten, Hinweise und Lösungen beinhielten. Allerdings waren die Antworten in unsichtbarer Tinte geschrieben worden, die nur mithilfe eines Textmarkers sichtbar gemacht werden konnten. Zu jeder Frage bekam der Spieler zwei Lösungen oder sogar mehr Antworten, wobei erstere so beschrieben wurde, das man dennoch nachdenken musste, während Lösung zwei schon weniger subtil war. Die letzte Lösung jeder Frage wurde dann eindeutig beschrieben. So gab es die Hoffnung noch selbst auf die Antworten zu kommen. Um jedoch nicht besonders rätselfaule Spieler alle Antworten zu präsentieren, existierten auch falsche Fragen. Diese InvisClues waren dermaßen erfolgreich, dass sie regelmäßig die Buchlisten zum Thema Computer anführten.
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