Dragon Data
Im Sommer 1982 mehrten sich die Gerüchte in Großbritannien, dass ein kleiner Spielwarenhersteller den Versuch unternehmen wollte in den Heimcomputermarkt einzusteigen. Aufgrund der damaligen Lage innerhalb des Marktes, zweifelten viele an, dass diese Unternehmung erfolgreich sein würde. Zur selben Zeit hatte der Pionier der Home-Computerszene, Sinclair, Schwierigkeiten mit ihrem neusten System: dem Spectrum. Der August kam und aus dem Gerücht wurde Wirklichkeit: das Unternehmen Dragon Data Ltd aus Welsh präsentierte ihren ersten Computer, namens, Dragon 32. Das Unternehmen selbst hatte eine lange Tradition und wurde bereits 1933 von Philip Ulmmann und Arthur Katz in einem kleinen Hinterzimmer eines Herstellers von Modelleisenbahnen, unter dem Namen Mettoy, gegründet. Beide flohen, da ursprünglich aus Deutschland stammend, aus ihrer Heimat vor dem Terror, der erst am Beginn stand. Der Hersteller von Modelleisenbahnen, Basset-Lowke, selbst war angewiesen auf die Unterstützung der jüdischen Gemeinde für ihre Produkte und investierte einen Teil ihres Profites in die Rettung anderer Juden aus dem Dritten Reich. Im Laufe der Jahrzehnte produzierte das Unternehmen auch in Uhren oder aber Modellautos und Katz entschied sich ein Tochterunternehmen, namens, Corgi ins Leben zu rufen, die als Modellautos weitaus realistischer waren, als die der Konkurrenz oder sogar des Mutterunternehmens. Corgi war mit diesen Modellen so erfolgreich, dass sie es sich sogar leisten konnten im nationalen Fernsehen bewerben zu können und ermöglichten somit eine noch stärkere Durchdringung des Marktes.
1966 erhielt Corgi dafür den "Queens Award to Industry", wie auch den Preis des nationalen Zusammenschlusses der Spielzeughersteller „Highest Standards Award“.
Corgi war auf dem besten Wege, jedoch startete Mattel Ende der sechziger Jahre die Spielzeugautomodellreihe „Hot Wheels“, die zwar weniger akkurat, dafür aber in poppigen Farben und zu einem äußerst günstigen Preis zu haben waren. Zudem zerstörte ein Feuer die Herstellungs Firma und sämtliche Aufträge wurden storniert und wechselten zu Mutterunternehmen, das im Laufe der Zeit zur eigenen Konkurrenz wurde. Die Bedürfnisse in den siebziger Jahren wuchsen nicht nur allgemein bei der Gesellschaft, sondern vor allem auch bei den Kindern und Jugendlichen und niemand wollte mehr sich mit Spielzeugautos zufrieden geben. Die Zeit war reif für exotische Spiele und Spielzeuge und auch das Mutterunternehmen musste herbe Verluste hinnehmen. 1981, sowie 1982 hatte das Unternehmen einen Verlust von jeweils 2,75 Millionen £ und zahlreiche Fabriken mussten geschlossen werden.
Mit der Erkenntnis, dass der Markt so gut wie gesättigt war, mussten neue Produkte gefunden werden und der Abteilungs-Manager Tony Clarke hatte bereits seit langem ein Auge auf elektronisches Spielzeug geworfen. Die Geschäftsleitung gab ihm dafür grünes Licht und er traf sich mit Motorola in ihrem Sitz in Schottland, um sich zeigen zu lassen, was Motorola für Mettoy in petto hatte. Diese zeigten ihm das Referenzdesign der 68xx- Familie und dem dazu passenden MC6847, einem Video-Display-Generator. Dies war der Startpunkt für Dragon Data und der Entwicklung ihres ersten Produktes: den Dragon 32. Die Umsätze waren gut und kurz danach kam auch der Dragon 64 auf den Markt. Beide waren dem Tandy TRS-80 Color Computer verblüffend ähnlich war, denn basierten sie alle doch auf dem gleichen technischen Referenzentwurf, der von Motorola direkt entwickelt wurde und die drei Kernkomponenten innehatte (Prozessor, SAM und VDG). An seinem höchsten Punkt begann Dragon Data Verhandlungen mit dem Unternehmen Tano, um gemeinsam auf dem US-amerikanischen Marktfuß zu fassen. Jedoch ging es, zu dieser Zeit, dem Mutterunternehmen selbst, finanziell nicht gut und Dragon Data wurde aus dem Unternehmen ausgegliedert, damit es nicht in den Ruin gezogen werden konnte.
Zudem war das Produkt selbst, also die Dragon Reihe, bedingt durch ihre grafischen Fähigkeiten, dem Fehlen eines externen Laufwerke des und des Betriebssystems, im Begriff Marktanteile zu verlieren. Um dem gegenüberzutreten, arbeitete Dragon Data, nun unter der Kontrolle von GEC (sie kauften das Mutterunternehmen) an Ihren nächsten Computer, den Dragon Professional (Projekt Alpha) und Projekt Beta.
- Projekt Alpha war eine evolutionäre Weiterentwicklung des Dragon 64, das mit einem eingebauten Modem, Multikanal-Sound und zwei 3,5“-Laufwerken ausgestattet war. Wie auch beim Amiga 1000, so konnte man den Computer erst nutzen, nachdem eine Boot-ROM- Diskette eingelegt wurde. Fünf dieser Prototypen haben die Zeit überlebt und sind vor allem an ihren handgefertigten Gehäusen zu erkennen. Das Betriebssystem konnte auch einen Dragon 32-Modus benutzen und damit, über Kassette, dessen Programme laden und ausführen. Im Nachhinein betrachtet, wäre dieses Projekt zum Scheitern verurteilt gewesen, waren doch zu dieser Zeit bereits leistungsfähigere Computer vorhanden.
- Projekt Beta war dagegen etwas komplett anderes, denn der Vorstand wollte mit diesem System einen großen Hit entwickeln, wobei der Verkaufspreis bei 2500 bis 3000 £ liegen sollte. Im System selbst arbeiteten zwei Motorola MC6809E, die auf einen RAM von 256 Kbyte zugreifen konnte, der bis 768 kB ausbaubar war. Zum Datenaustausch standen zwei interne 3,5“-Laufwerke zur Verfügung und eine externe Festplatte war als Addon bereits in Planung. Neben einem 80-Zeilen-Display, der auf dem Motorola MC6845 basierte und einen RGB Anschluss besaß, konnte das System 16 Farben bei einer Auflösung von 320 × 256 Pixeln darstellen, wobei die höchste Auflösung 640 × 512 Bildpunkte, bei vier Farben, besaß. Das Gehäuse war einem Amiga 2000 nicht unähnlich und konnte auf der Gehäuseoberseite einen Monitor platzieren lassen. Daneben wurde ebenfalls an einer Erweiterungskarte gearbeitet, die weitere Schnittstellen und Anschlüsse zur Verfügung stellten und es dem System ermöglichten auch als Datenserver zu arbeiten.
Bis zum erneuten Verkauf des Unternehmens an das spanische Start-up Unternehmen Eurohard SA im Jahre 1984 konnten lediglich Prototypen hergestellt werden und wurden nicht weiterentwickelt. Dragon selbst schien keinem Unternehmen wirklich Glück zu bringen, denn auch Eurohard musste wenige Jahre später den Bankrott erklären. Sie stellten noch den Dragon 200 vor, der allerdings nur eine kosmetische Veränderung des Dragon 32 darstellte. Auch wenn die Geschichte des gesamten Unternehmens lang erscheint, so war die Spielzeit innerhalb der Computerbranche nicht sehr lang und nach zwei Produkten verabschiedete sich das Unternehmen vom Markt. Ob man dies zu bedauern hatte, ist im Rückblick auf diese Epoche nicht sehr schwer zu beantworten, denn die Prototypen waren keine ernsthaften Gegner für die Computer dieser Zeit, obwohl das Projekt Beta sicherlich einige interessante Aspekte hatte, allerdings der Preis extrem war.