The Bitmap Brothers
Nun kam auch endlich die Fortsetzung des ersten Meisterwerks in Frage: es begannen die Entwicklungsarbeiten an Xenon II, dass dieses Mal allerdings nicht von den Brüdern, sondern von The Assembly Line entwickelt wurde. Die Brüder selbst waren schon dabei das nächste Spiel zu entwickeln, dass deutlich mehr Arbeit beanspruchte: Cadaver. Doch auch bei Assembly Line bewies man programmiertechnische Stärke. Erneut war das Grundkonstrukt ein vertikales Shoot 'em up, dass allerdings ebenso auch zu den Seiten, aber auch kurze Zeit rückwärts scrollen konnte. Wieder war die Story dünn, die Bitmap Brothers legten vielmehr Wert auf die technischen Verbesserungen. Und diese konnten sich sehen lassen: die grafischen Verbesserungen gegenüber dem ersten Teil bewiesen das Talent der Brothers und zeigten einen eigenen Stil, der viel Wert auf steinige, aber auch metallische Objekte legte. Dieser Look wurde schon bald zu einem Markenzeichen des Unternehmens. Doch nicht nur die grafischen Finessen lassen das Spiel bis heute so manchen Zocker in hohen Sphären schweben, auch der Sound trug viel zu diesem Spielerlebniss bei. Die Bitmap Brothers arbeiteten mit dem britischen Musiker Tim Simenon zusammen, der vor allem durch seine Band Bomb the Bass bekannt wurde (später arbeitete er als Produzent für Depeche Mode, David Bowie, U2 und Neneh Cherry). Tim konnte überredet werden seine letzte Single Megablast (Hip Hop on Precint 13) als Titelmusik zur Verfügung zu stellen. Als dies geschah, wechselte auch der Titel des Spiels endgültig zu Xenon II: Megablast. Es existierten zwei verschiedene Versionen des Tracks im fertigen Spiel. Das Titelthema kam fast unverändert zum Einsatz, während die In-Game-Musik eine vereinfachte Variation darstellte. Xenon II: Megablast wurde ebenfalls ein großer Erfolg auf dem Amiga, dem schon bald zahlreiche Portierungen auf andere Systeme folgten (u.a. Atari ST, PC, Game Boy). Kurioserweise waren die Modulumsetzungen für die Konsolen Super Nintendo und Mega Drive klangtechnisch der Amiga Version unterlegen. Diesen Versionen fehlten unter anderem die Sprachsamples, die den ursprünglichen Soundtrack deutlich aufgewertet hatten. Besonders harsche Kritik musste die CDTV Version über sich ergehen lassen. Diese kam erst im Oktober 1992 und besaß keinerlei Verbesserungen gegenüber dem drei Jahre alten Orginal, obwohl dies sicherlich machbar gewesen wäre.
Die Bitmap Brüder waren nun eine der gefragtesten Entwickler Großbritanniens, wenn nicht gar in ganz Europa. Das Unternehmen machte sich diesen Umstand zu Nutze und begann mit Computermagazinen zusammen zu arbeiten. Für diesen Zweck wurden die ersten Demoversionen ihrer neuen Spiele zur Verfügung gestellt, die dann durch die Magazine ein weiteres Publikum erreichen würde. Das erste Spiel, dass mit solch einer Marketingaktion gefördert wurde, war Cadaver. Wieder hatten die Männer rund um Mike Montgomery das Genre gewechselt und sich auf neuem Gebiet versucht. Das Spiel war eine Mischung aus Adventure und Actioneinlagen, das zudem aus einer isometrischen Sicht dargestellt wurde. Zum ersten Mal besaß ein Spiel des Unternehmens zudem eine passendende und ausgefeilte Hintergrundgeschichte, die das Spielgeschehen ungemein verstärkte. Auf insgesamt fünf Ebenen hatte sich der Spieler bis zum Endgegner vorzuarbeiten. Um das Spiel jedoch nicht nur auf der Kampfebene zu betreiben, mussten zudem logische Puzzles gelöst und Gegenstände eingesetzt werden. Erneut konnte sich das Programmierteam zahlreiche Preise sichern, darunter drei mal den Titel Spiel des Jahres 1990. Daher lag es nahe ein Add-on zu veröffentlichen, dass des Namen Cadaver: The Payoff trug und vier weitere Levels bot. Zu diesen neun Level kamen zudem noch drei weitere, die jedoch nur für die Demo-Versionen entwickelt worden waren. Da diese Versionen ebenso anspruchsvoll wie die Orginale waren, war es kein Wunder, dass auch Cadaver sich einer breiten Spielerunterstützung gewiss sein konnte. Erneut hatten die Bitmap Brothers einen großen Titel veröffentlicht, der, neben der Amiga Version, auch Portierungen für Atari ST, MS-DOS und Acorn Archimedes folgten.
Gemäß ihrer bisherigen Veröffentlichungspolitik kam nach einem neuen Spiel stets ein Sequel und auch bei ihrem nächsten Projekt sollte es nicht anders sein. 1990, kurze Zeit nach Cadaver, veröffentlichte das nun sehr bekannte Unternehmen Speedball 2: Brutal Deluxe. Das Spiel ähnelte dem Vorgänger zwar, besaß aber genügend Eigenständigkeit, um als Nachfolger bestehen zu können. Teams bestanden nun nicht mehr aus fünf, sondern aus neun Spielern. Auch das Spielfeld wurde verändert und besaß nun zusätzliche Ziele, die Bonuspunkte generierten. Noch immer war es jedoch möglich Zusatzpunket zu verdienen, wenn der Spieler Gegner krankenhausreif prügelte. Der Ton und die Musik stammte diesmal aus der Feder von Richard Joseph, einem Pionier der digitalen Sprachsamples in Videospielen. Der bekannte Ruf "Icecream" aus diesem Spiel war seine Idee. Auch bei anderen Spielen, beispielsweise Mega Lo Mania, dem ersten Spiel, dass Sprachsamples nutzte, war Richard maßgeblich beteiligt. Diese Sprachsamples schufen eine tiefes Spielgefühl, dass den Spieler noch stärker an das Spiel band. Dies befanden auch etliche Juries, unter anderem erhielt er 1991 den goldenen Joystick für den besten Soundtrack eines Computerspiels. Speedball 2 selbst kassierte auch einige begehrte Auszeichungen und gilt bis heute als das erfolgreichste Spiel des Unternehmens, zu einer Zeit, als Raubkopien das Geschäft auf den 16bit Computern bereits deutlich erschwerte. Doch nicht nur das Spiel ragte aus dem Wust der Spiele heraus: auch die Verpackung war mehr als einen Blick wert. Dies lag an der Zusammenarbeit mit Glenn Fabry, einem bekannten britischen Comickünstler, der die Covergestaltung übernahm und einen unverwechselbaren Look schuf, der perfekt zu dem Produkt passte.
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